Mangelnde Akzeptanz, Bürokratie, Finanzierung
Mehrere Landnutzerverbände haben sich mit einem gemeinsamen Petitionspapier an den Sächsischen Umweltminister Georg Ludwig-von-Breitenbuch gewandt. Anlass ist die geplante Umsetzung der EU-Naturwiederherstellungsverordnung (W-VO) im Freistaat Sachsen, die aus Sicht der Verbände erhebliche Risiken für Land- und Forstwirtschaft sowie für die Binnenfischerei birgt. Zwar begrüßen die Unterzeichner grundsätzlich das Ziel, Natur zu erhalten und geschädigte Ökosysteme wiederherzustellen, sie kritisieren jedoch die konkrete Ausgestaltung der W-VO als praxisfern, unverhältnismäßig und nicht ausreichend demokratisch legitimiert.
Nach Auffassung der Verbände fehlen verlässliche Zustandsaufnahmen, die Maßnahmenkataloge seien uneinheitlich und ungeeignet, die Zielvorgaben starr und nicht auf den Klimawandel ausgerichtet. Zudem bemängeln sie eine fehlende Folgenabschätzung, ordnungspolitische Vorgaben statt Anreizsysteme, einen massiven Bürokratieaufwuchs, unklare Finanzierungsgrundlagen und ein Defizit an echter Beteiligung der Betroffenen.
In ihrem Papier formulieren die Verbände daher fünf zentrale Forderungen:
1. Keine zusätzlichen Einschränkungen oder Belastungen der Landnutzung!
Weitere Einschränkungen der Bewirtschaftung gefährden unmittelbar die wirtschaftliche Basis vieler Betriebe.
2. Freiwilligkeit und Kooperationen statt Ordnungsrecht und Sanktionen
Naturschutz kann nur gemeinsam mit der Akzeptanz der Landnutzer erfolgreich umgesetzt werden. „Schutz durch Nutzung“ muss das Grundmotiv der Umsetzung werden
3. Produktionsintegrierter Naturschutz
Anstatt einer Rückkehr zu überholten historischen Nutzungsformen müssen die Maßnahmen neben der ökologischen Wirkung auch praxistauglich sein und in die Produktion integriert werden können
4. Echte Beteiligung der Landnutzer
Ein Verzicht auf eine umfassende Beteiligung aus Zeitgründen bzw. aufgrund der zu eng gesetzten Fristen ist aus Sicht der unterzeichnenden Verbände nicht akzeptabel und gegenüber den Betroffenen nicht zu vermitteln.
5. Verlässliche Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen
Festzuschreiben sind sowohl Ausgleichszahlungen für die Betriebe als auch die Kosten für Verwaltung und Kontrolle einschließt.
Mit Nachdruck appellieren die Verbände an den Staatsminister, sich auf Bundes- und Landesebene für die Belange der sächsischen Land- und Forstbetriebe sowie der Binnenfischerei einzusetzen und eine Rücknahme des Durchführungs¬gesetzes zur W-VO zu erwirken.
Zu den Unterzeichnern des Positionspapieres gehören der Sächsische Landesbauernverband e. V., der Sächsische Waldbesitzerverband e. V., der Sächsische Landesfischereiverband e. V. und der Landesverband Sächsischer Angler e. V.
Hintergrund
Die Europäische Naturwiederherstellungsverordnung (EU-RNL) ist ein zentraler Bestandteil der EU-Biodiversitätsstrategie 2030 und am 18. August 2024 in Kraft getreten. Sie verpflichtet alle Mitgliedsstaaten, konkrete Maßnahmen zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme umzusetzen. Bis 2030 sollen auf mindestens 20 Prozent der Land- und 20 Prozent der Meeresflächen in der Europäischen Union Maßnahmen zur Wiederherstellung der Natur durchgeführt werden. Bis 2050 sollen alle defizitären Ökosysteme erfasst sein.
Mit der Verordnung verfolgt die EU drei übergeordnete Ziele: den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen, die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen gegenüber Klimawandel und anderen Belastungen zu stärken sowie den natürlichen Klimaschutz zu fördern. Damit soll nicht nur der Artenschutz vorangebracht, sondern auch ein Beitrag zur langfristigen Sicherung von Lebensgrundlagen und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels geleistet werden.